Wisst ihr, was mich immer wieder frustriert? Da findet man ein wirklich spannendes Rezept als Video auf YouTube. Aber es gibt weder ein schriftliches Rezept in der Beschreibung noch einen (funktionierenden) Link zum Rezept. Und ich habe einfach keine Lust, beim Kochen ständig zu pausieren oder vor- und zurückzuspulen, um die genauen Zutaten und Schritte zu erfassen. Schon gar nicht mit meist schmutzigen Händen.
Nun habe ich bei den Vorbereitungen zum Barcamp Stuttgart, das sich in diesem Jahr mit dem Schwerpunktthema Generative KI beschäftigt, ein Tool entdeckt, das dieses Problem in Zukunft lösen könnte: video2recipe.com. Dieses neue und hochspezialisierte Tool extrahiert Rezepte direkt aus YouTube-Videos. Unglaublich, wofür Menschen eine spezielle KI bauen, oder?
Was video2recipe.com macht, ist, die Tonspur des Videos zu analysieren und die Zutatenliste sowie die Anleitung zu erkennen. Leider kann es keine eingeblendeten Texte erkennen, aber es ist immerhin ein großer Schritt in die richtige Richtung. Endlich kann man leckere Rezepte aus YouTube-Videos nachkochen, ohne auf den dazugehörigen Text verzichten zu müssen. Allerdings steht in den Anleitungen natürlich nur genau das, was im Video gesagt wird. Wenn dort nur von Zutaten ohne Mengenangaben die Rede ist, fehlen diese später auch in der Textversion des Rezepts.
Rezeptbeispiele mit video2recipe
Zwei Beispiele, mit denen ich das Tool getestet habe: Zum einen gibt es dieses deutsche Video, in dem ein Tiroler Kaiserschmarrn zubereitet (Link zu meinem Rezept) wird. Schön mit Dialekt, was das Ganze noch schwieriger macht. Was mich überrascht hat, ist, dass das Rezept im Video auch ins Englische übersetzt wurde. Das kann ein Vorteil, aber auch ein Nachteil sein - denn derzeit kann man die Sprachen bei der Konvertierung nicht extra auswählen. Hier ist das Beispiel:
Ihr seht: Aus dem Apfelmus, mit dem der Kaiserschmarrn serviert wird, wird in der Zutatenliste schnell ein Apfel. In der Zubereitung ist es aber wieder richtig. Und die Preiselbeeren sind komplett verschwunden. Auch das Zerteilen des Kaiserschmarrns fehlt. Aber ich finde das Ergebnis trotzdem beeindruckend. Vor allem, wenn man das Video vorher selbst gesehen hat, kann man über diese Punkte hinwegsehen, weil man sich daran erinnert.
Als weiteres Beispiel habe ich ein Video von Jamie Oliver getestet, denn die Rezepte von Jamie Oliver sind hier ja seit Jahren immer wieder ein Thema. 😉 Das gewählte Video ist auf Deutsch synchronisiert und ein Rezept für Kartoffelgratin Dauphinois. Nach dem ersten Test, bei dem alles auf Englich war, werden hier die Zutaten auf Deutsch angezeigt, aber der Zubereitungstext ist auf Englisch. Irgendwie klappt es also noch nicht so ganz mit den Sprachen.
Hier das Ergebnis dieses Tests:
Das klingt doch schon ganz gut. Warum auch immer aus der „Sahne“ in der Zutatenliste „Sand“ geworden ist. Und die Kartoffeln werden zweimal geschnitten - aber auch das ist verzeihlich.
Leider konnte ich kein drittes Beispiel ausprobieren, da mein drittes Video für einen kostenlosen Account zu lang war. Es darf nicht länger als 10 Minuten sein, damit das Tool es verarbeiten kann. Als ich stattdessen ein drittes Rezept ausprobieren wollte, waren meine drei Rezepte für die kostenlose Nutzung pro Monat aufgebraucht - der Versuch zählte also mit.
Preise von video2recipe
Nun zu den Preisen von video2recipe.com. (Stand Juni 2023) Es gibt drei verschiedene Preismodelle. Das erste Modell ist kostenlos und erlaubt das Extrahieren von bis zu 3 Rezepten pro Monat. Die Videos dürfen maximal 10 Minuten lang sein. Das kostenlose Modell beinhaltet nur die Zutatenliste und die Anleitung.
Das „beliebteste Modell“ (ihr Online-Marketing-Leute kennt es) ist das "Pro"-Modell, das 9 $ pro Monat kostet. Hier können bis zu 150 Rezepte pro Monat extrahiert werden, ohne Beschränkung der Videolänge. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, eine REST-API zu nutzen und bald auch Rezepte zu exportieren und in einer Sammlung zu speichern. Kundensupport ist ebenfalls verfügbar.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Leute das buchen. Aber ob wirklich jemand die REST API nutzen wird, halte ich für eher fraglich.
Das größte "Chef"-Modell bietet für 29 $ im Monat unbegrenzte Rezeptextraktionen unabhängig von der Länge des Videos und hat ansonsten nur zusätzlichen Premium-Support an Bord.
Nun stellt sich die Frage, wer bereit ist, diese Preise pro Monat zu zahlen und warum. Ich denke, dass vor allem leidenschaftliche und technikliebende Foodies das mittlere Preismodell nutzen könnten.
Das große Paket scheint mir eher dazu zu dienen, das „Pro“-Paket günstiger erscheinen zu lassen und zu verkaufen. Allenfalls im Umfeld einer Business Automation erscheint mir das große Paket sinnvoll - dann auch mit der REST-API.
Aber dann sind wir auch schon im Bereich von sehr viel eigener Contentproduktion, was sehr selten zu finden sein dürfte. Zumal bei den meisten Videos das Rezept erst als Skript geschrieben werden sollte. Es gibt hier also kaum einen Grund, dies später aus dem eigenen Video zu extrahieren. Bleiben Unternehmen, die automatisch mit fremden Inhalten Geld verdienen und das halte ich für äußerst fragwürdig.
Fazit:
Die Spezialisierung von video2recipe.com finde ich sehr spannend. Das könnte in Zukunft eine gute Möglichkeit sein, tolle Rezepte aus YouTube Videos endlich (einfacher) nachkochen zu können. Noch einfacher wäre es natürlich, wenn die Kanalbetreiber die Rezepte direkt zu den Videos stellen würden und es solche Tools gar nicht erst bräuchte...